Fachtagung des Landesverbandes hauswirtschaftlicher Berufe MdH Bayern e.V. am 18. März 2023 am BSZ Miesbach
Gewusst wie: Ressourcen schonen - Müll vermeiden
Unter diesem Titel fand am Samstag, den 18. März im Beruflichen Schulzentrum Miesbach, parallel zur Deutschen Juniorenmeisterschaft Hauswirtschaft 2023 eine spannende Fachtagung statt. Schon die Auswahl der Referentinnen und Referenten versprach einen tiefen Einblick in die Vielfalt der Ansatzpunkte in denen Nachhaltigkeit im hauswirtschaftlichen Handeln eine Rolle spielt.
Gleich im ersten Vortrag "Nachhaltigkeit in dualen Ausbildungsberufen am Beispiel Hauswirtschafter/in - Was steckt drin? Und wie kommt es da eigentlich rein? " mit Markus Bretschneider, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BBIB) wurden wir zunächst auf eine kurze Zeitreise der Entwicklung unseres Planeten mit genommen. Wenn die Existenz unseres Universums von tatsächlichen 13,81 Mrd. Jahren auf ein Jahr herunter gebrochen wird und wir annehmen, dass der Urknall am 1. Januar des Jahres war, dann befinden wir uns mit Beginn der technischen Zivilisation innerhalb dieses Jahres bereits am 31.12. um 23.59.59 Uhr, also am Endes dieses Jahres. Das heißt unsere heutigen Probleme vielfach ausgelöst durch die Erderwärmung und den Klimawandel wurden fast ausschließlich durch die rasanten technologischen Entwicklungen in der letzten Sekunde dieses Jahres ausgelöst. Weiterhin erfuhren wir, in wie vielen Bereichen sich der Klimawandel bemerkbar macht und wie viele Stellschrauben es gibt an denen anzusetzen wäre um diesen zumindest zu verlangsamen. Ein Abgleich mit den von der UN ausgerufenen 17 Nachhaltigkeitszielen wurde anhand der Ziele 12 Nachhaltige/r Konsum und Produktion und 4 Hochwertige Bildung erläutert, wie viele verschiedene Faktoren auch hier wieder eine Rolle spielen und in Einklang gebracht werden müssen um langfristig und global nachhaltiges Handeln erreichen zu können.
Nach einem kurzen Überblick zur Entwicklung der Ausbildungsverordnungen zum Umweltschutz, wo das Thema über lange Zeit ausschließlich als Beiwerk zum einen oder anderen konkreten Ausbildungsinhalt vorhanden war, erfuhren wir, dass ab 1998 Umweltschutz als eigenständiger Teil in den neuen Ausbildungsverordnungen erscheinen bzw. in die bereitsbestehenden aufgenommen werden soll. Ab 1.8.2021 wird vom Hauptausschuss des BIBB an Ausbildungsbetriebe und berufliche Schulen die Empfehlung ausgesprochen, diese modernisierten Berufsbildpositionen integrativ im Zusammenhang mit fachspezifischen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten während der gesamten Ausbildung zu vermitteln.
Zuletzt erläuterte Markus Bretschneider den Teilnehmer/innen am Beispiel: "Verpflegungssysteme und Speisenverteilsysteme im Hinblick auf Personenorientierung (= soziale Komponente) und Funktionalität sowie auf Schonung von Ressourcen (= wirtschaftliche und umweltgerechte Komponente) beurteilen und einsetzen", dass Nachhaltigkeit nicht ausschließlich im Zusammenhang mit Umweltschutz zu verstehen ist, sondern im Rahmen der Ausbildung auch Nachhaltigkeit in sozialer und ökonomischer Hinsicht.
Die Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten in Großbetrieben war das Thema des zweiten Vortrags, den Dipl. Ökotrophologin Elke Messerschmidt vom Kompetenzzentrum Hauswirtschaft unter dem Titel "Ressourcen im hauswirtschaftlichen Betrieb managen - die Hauswirtschaft kanns!" beisteuerte. Aus sie ging zunächst auf das zusammenhängende Dreieck der Nachhaltigkeit Ökologie-Ökonomie-Soziale Aspekte ein. Am Beispiel Einweg - versus Mehrweg-Geschirr entwickelte sich zwischen den Tagungsteilnehmer/innen und der Referentin eine spannende Diskussion mit dem Ergebnis, dass es hierfür keine Pauschallösung geben kann und jeder Betrieb für sich entscheiden muss, welches System in seinem Fall sowohl wirtschaftlich als auch zumutbar für die Mitarbeiter und trotzdem so ökologisch als möglich eingesetzt werden kann. Mit einigen Beispielen von diversen Großbetrieben erfuhren wir welche Änderungen diese z. B. in Bereichen wie Mülltrennung, Müllvermeidung, Ressourcenschonung im Rahmen der Speisenverpflegung und vieles mehr durchführten und welche Mengen an Müll, Lebensmittelretouren und Geld damit gespart wurde.
Der dritte Beitrag befasste sich mit "Nachhaltigkeit aus verschiedenen Perspektiven in der Kita-Versorgung" vorgetragen von Christine Hopf, stellvertretende Betriebsleiterin bei der diakonia inhouse, München. Sie verschaffte uns zunächst einen tiefen Einblick in die Regel-Abläufe von hauswirtschaftlichen Versorgungsstrukturen in Kitas mit allen Problemen und viele Lösungsansätze, wie diese beseitigt werden können. Diese gingen von Sichtbarmachen der Personen und ihrer Dienstleistungen, dem Entwickeln einer positiven Darstellung von Tätigkeit und Personal über das Miteinbeziehen von Erzieher/innen und Kinder in diverse hauswirtschaftliche Tätigkeiten bis hin zu Vorbildfunktion aller für das Lernen der Kinder. Gerade im Bereich des Meieinbindens der Kinder in diverse hauswirtschaftliche Tätigkeiten war Christine Hopf wichtig zu betonen, dass es hier um die Regelmäßigkeit geht und nicht um einzelne Projekte die ein- oder zweimal im Jahr stattfinden. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten sollten zur täglichen Routine gehöhren und erledigt werden. Kindgerechte Arbeitsmittel unterstützen die Bemühungen, weil Kinder mit Geräten, die auf Körpergröße abgestimmt sind, die Arbeiten leichter durchführen können und weniger anstrengend empfinden. Wichtig ist hier auch: Kinder haben ihr eigenes Arbeitstempo je nach Entwicklungsstand und ihrer feinmotorischen Fähigkeiten. Diese können durch regelmäßige hauswirtschaftliche Tätigkeiten gefördert und verbessert werden, aber nur, wenn die Kinder in ihrem Tempo arbeiten dürfen. Das heißt: hier ist auch Geduld gefragt.
Diesen Handlungsweisen liegen zwei Ziele der Nachhaltigkeit zugrunde: Ziel Nr. 1 ist Steigerung der Wertschätzung der hauswirtschaftlichen Dienstleistungen in der Kita. Ziel Nr. 2 ist den Kindern zu helfen sich zu einer nachhaltig handelnden Generation zu entwickeln die sich ihrer eigenen Verantwortung für das Leben auf dieser Erde bewusst ist. Zusätzlich zu der gemeinsamen Arbeit mit den Kindern erläuterte Christine Hopf auch, an welchen Stellschrauben das hauswirtschaftliche Personal bei der eigenen Arbeit ansetzen kann um diese ressourcenschonend und umweltgerecht durchzuführen, sowie die Belastung der Mitarbeiter zu reduzieren. Ihr Fazit am Ende ihres Vortrags lautete: Hauswirtschaft hat einen wichtigen Auftrag am Gelingen des Erziehungsauftrags - das ist unsere Chance zur Nachhaltigkeit beizutragen!
Im vierten und letzten Vortrag wurde das Thema "Ressourcen schonen - Müll vermeiden" aus Sicht von Retouren von Lebensmitteln, speziell anhand von Brot gezeigt. Thomas Backenstos, Schulleiter und Betriebsberater an der Akademie des deutschen Bäckerhandwerks versetzte mit seinem Vortrag "Upcycling von Retouren im Großhaushalt" die Teilnehmer/innen immer wieder in Erstaunen, mit welch großer Krativität Bäcker mit unverkauftem Brot, Semmeln und Co. diese zu den unterschiedlichsten Speisen von Salaten über Suppen, vegetarische und vegane Haupt- und Nachspeisen verarbeiten. Beeindruckend waren zunächst die aufgezeigten Kreisläufe von Backwaren, die aus der Backindustrie kommen im Gegensatz zu denen, die in kleineren und mittelständischen Bäckereien zubereitet und verkauft werden. Während ein Brot aus der Backindustrie vom Ansetzen des Teiges über das Formen, Tiefkühlen und Transportieren bis zur Selbstbedienungs-Ladentheke mindestens 18 Tage unterwegs ist und in dieser Zeit mehrmals in immer kleinere Packungsgrößen umverpackt wird (was entsprechende Mengen an Verpackungsmüll produziert), liegt das Brot des Bäckers nach dem Ansetzen des Teigs innerhalb von 24 - 48 Stunden in der Ladentheke. Es wird in entsprechenden Mehrweg-Kisten und ohne weitere Umverpackung in die Läden und Filialen der Regionen transportiert. Mit erschreckenden Bildern und Zahlen, wie viel Brot täglich von der Backindustrie weg geworfen wird untermauerte Thomas Backenstos seine Aussagen.
Um so mehr freuten sich alle Teilnehmer/innen über den zweiten Teil des Vortrags, wo uns Verwertungsmöglichkeiten von einfachen Semmel- und Brotbrösel, über Rezepte von süßen und pikanten "Arme Ritter", geröstete Brotsuppe, italienischer Brotsalat, würzige Brotfrikadellen, Brot-Pommes-Frites bis hin zu Kwas und vieles mehr vorgestellt wurden. Das Beste daran war, dass Herr Backenstos allen Teilnehmer/innen diese Rezepte zur Verfügung gestellt und er sich im Anschluss an seinen Vortrag noch bereit erklärt hat für den LV Bayern in München in der Bäckerschule gerne einen Workshop zum Thema Verwertung von Altbrot durchführen würde. Dieses Angebot nehmen wir natürlich gerne an und werden rechtzeitig im Infoblatt und auf unserer Homepage informieren wann der Workshop stattfindet.
Margarete Engel
Referenten der Fachtagung mit Margarete Engel Bild: rhw management